DAS WAR NICHT MEIN TRAUM.
Format: Text / Light Projection
Date: 2020
Exhibition Curated by Niina Lehtonen Braun
“Der grimmige Flaneur ist der letzte Überlebende des öffentlichen Lebens: Wenn die Museen, Theater, Bars, Konzert- und Kaufhäuser wegen Corona dichtmachen müssen, bleibt einem kaum etwas anderes übrig, als mit einem Kaffee in der Hand durch die Straßen zu wandern und sich Schaufenster anzuschauen. In einer Stadt wie Berlin, die nicht eben durch durchgängige Schönheit besticht und ihr Selbstbewusstsein normalerweise aus dem überbordenden Großrummel der lokalen Kultur- und Ausgehszene bezieht, ist die Stille noch drückender.
Vielen jungen Galerien wie etwa Sweetwater am Kottbusser Damm, die in den oberen Stockwerken eines Altbaus residieren, bleibt nur die Möglichkeit, eine weiße Fahne aus dem Fenster zu hängen, um auf sich aufmerksam zu machen. Besser haben es im Lockdown die Ausstellungsräume, Auktionshäuser und Galerien, die ebenerdige Schaufenster bespielen können. HilbertRaum in Berlin-Neukölln, einer der interessanten neueren Kunstorte der Stadt, reagierte im November mit einer Gruppenschau in Form einer Schaufensterprojektion; der Ton kam über Boxen nach draußen, in die man seine eigenen Kopfhörer anstöpseln konnte. Am Berliner Nollendorfplatz überließ das großzügig verglaste Café Berio, das wie alle schließen musste, seine Räume diversen Malern von unterschiedlicher Qualität, die vor Publikum arbeiten und ihre Werke zeigen können, und auch das berühmte Kaufhaus des Westens ließ den Kurator Philipp Bollmann Kunst in die leeren Schaufenster räumen; so faltet sich die Kunst auf dem Umweg der geschlossenen Orte des Konsums doch noch irgendwie in die Sichtbarkeit des öffentlichen Raums hinein, wenn auch hinter Glas.”
Im Schaufenster – Wie Kunst trotz allem wieder sichtbar wird | Frankfurter Allgemeine Zeitung
Von Niklas Maak 27.01.2021